Saisonabbruch – „Eine faire Aufstiegslösung wird schwer“
Presse, NRZ 08.04.2020
Die Stimmen aus Wesel, Dingden und Schermbeck zum Abbruch der Handball-Saison. HSG-Trainerin Helen Esser bleibt wohl „unabsteigbar“.
Nach der vorzeitigen Beendigung der Handball-Saison 2019/20 hat sich die Sportredaktion bei den hiesigen Trainern nach deren Meinung zum Handeln des Verbandes umgehört:
Jan Mittelsdorf (Trainer HSG Wesel Männer — Verbandsliga): ‟Ich habe solch eine Situation noch nicht kennengelernt, aber wenn wir das Sportliche beiseite schieben, ist es ganz sicher die richtige Entscheidung. Da geht der gesundheitliche Aspekt vor — für die Spieler, die Zuschauer und alle Helfer und Verantwortlichen rund um die Mannschaften. Sportlich hat diese Entscheidung für uns keinen großen Einfluss mehr auf das Ergebnis.
Ich bin kein Hellseher, aber wir waren ohnehin aus den meisten rechnerischen Konstellationen raus. Insofern sieht man nun, wie wichtig es war, sich zeitig ins gesicherte Mittelfeld abzusetzen. Diejenigen, die ganz unten stehen, haben dank dieser Entscheidung einen Riesendusel. Ob man die Saison so hätte werten müssen, weiß ich nicht. Ich habe da eine andere Meinung. Noch ungerechter wäre es, wenn die potenziellen Aufsteiger nun nicht aufsteigen dürften. So würde dann weniger gute Arbeit belohnt und sehr gute Arbeit bestraft werden.„
Frederik Bell (Kapitän SV Schermbeck Männer — Landesliga): ‟Ich finde die Entscheidung in der aktuellen Situation völlig in Ordnung, auch wenn die Aufstiegsregelung noch ungeklärt ist. Meiner Meinung nach sollte es keine Aufsteiger geben, und die Spielzeit sollte im September ganz einfach noch einmal von vorne beginnen.
Aus Sicht des SVS ist diese Entscheidung auch deshalb zu begrüßen, weil wir mitten im Abstiegskampf steckten. Ich denke aber, dass wir den Klassenverbleib auch locker aus eigener Kraft geschafft hätten, zumal wir uns in den zuletzt gespielten Begegnungen gefangen hatten und gut punkten konnten. Sollte es tatsächlich keine Aufsteiger geben, kann ich allerdings jeden Club verstehen, der sich darüber ärgert. Teams, die derzeit in der Tabelle souverän vorne stehen, haben ihre Planungen für die neue Saison möglicherweise schon weit vorangetrieben, Spieler verpflichtet und frische Gelder akquiriert. Dann doch nicht aufzusteigen, wäre sehr ärgerlich.„
Helen Esser (Trainerin HSG Wesel Frauen — Bezirksliga): ‟Für mich persönlich war das eine gute Nachricht, weil ich nun seit 25 Jahren Handball spiele und damit weiterhin ohne einen Abstieg bleiben werde, auch wenn wir derzeit mit 0:32-Punkten ziemlich sicher eine Liga heruntergegangen wären.
Im Ernst: Es ist zwar eine notwendige Entscheidung, aber aus sportlicher Sicht eine ganz, ganz bittere. Es wird sich am Ende immer unfair anfühlen. Als Betroffene sind wir in Wesel glücklich, aber dennoch fühlt es sich merkwürdig an. Stand heute, werden wir in der neuen Saison auch wieder in der Bezirksliga antreten, aber intern werden wir mit der gesamten Mannschaft darüber diskutieren. Grundsätzlich aber haben wir erst einmal den Startplatz sicher.„
Andreas Maile (Trainer SV Schermbeck Frauen — Bezirksliga): ‟So wie ich das wahrnehme, habe ich unter den gegebenen Rahmenbedingungen vollstes Verständnis für die Entscheidung. In der Mannschaft und im gesamten Umfeld des Vereins ging ohnehin niemand davon aus, dass in naher Zukunft wieder Handball hätte gespielt werden können. Insofern ist das eine vernünftige Entscheidung im Sinne des Amateursports.
Ich hoffe aber, dass wir für die neue Saison wieder einen geregelten Spiel- und Trainingsbetrieb haben werden. Bis dahin halten sich meine Spielerinnen eigenverantwortlich fit. Und sobald es wieder zulässig ist, werden wir auch wieder trainieren. Als Mannschaft im Mittelfeld der Tabelle betrifft uns eine etwaige Entscheidung in Sachen Auf- und Abstieg nicht direkt. Ich weiß aber, dass diejenigen Klubs unter Umständen gekniffen sind, die aktuell die Chance auf den Aufstieg gehabt hätten. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn in unserer Liga die zweite Mannschaft des TuS Lintfort aufstiege. Das Team war in dieser Saison unglaublich überlegen. Die gehören ganz einfach nicht in die Bezirksliga
Tobias Weidemann (Spieler BW Dingden Männer — Bezirksliga, Trainer BW Dingden Frauen — Bezirksliga): ‟Ich bin sehr froh, dass weder die Dingdener Männer noch die Frauen davon direkt betroffen sind. Grundsätzlich aber halte ich es für eine gute, wenn auch nicht für die beste Entscheidung. Inwiefern ich es gut finde, keine Absteiger zu benennen, lasse ich dahingestellt. Gäbe es indes nur Aufsteiger, hieße das für die Frauen-Landesliga, dass in der neuen Saison dort 18 Teams an den Start gehen müssten. Keine Ahnung, wie das gehen soll.
Zudem ist es nicht überall so eindeutig wie in der Frauen-Bezirksliga, wo Lintorf II sich extrem ärgern würde, wenn das Team nicht aufsteigen dürfte. Bei den Männern wäre es wahrscheinlich am letzten Spieltag zum Showdown zwischen dem TuS Xanten und TV Kapellen II gekommen. Dort nun einen fairen Aufsteiger zu definieren, halte ich für extrem schwer.„