Man soll­te den Ball flach hal­ten

Presse, NRZ 31.05.2021; Ralf Poll­mann führ­te das Ge­spräch

Hand­ball: Der 31-Jäh­ri­ge kehrt vom MTV Rhein­wacht Dins­la­ken zur HSG We­sel zu­rück. Er er­klärt den Grund.

WE­SEL | Ein neu­er Le­bens­ab­schnitt be­ginnt – ein we­nig im sport­li­chen, aber vor al­len Din­gen im pri­va­ten Be­reich. Da­bei wir­ken sich die pri­va­ten Ver­än­de­run­gen bei Fa­bi­an Gor­ris auch auf den Sport aus. Der 31-Jäh­ri­ge, der zur neu­en Sai­son vom Hand­ball-Re­gio­nal­li­gis­ten MTV Rhein­wacht Dins­la­ken zum Ver­bands­li­gis­ten HSG We­sel wech­selt, ist vor we­ni­gen Wo­chen Va­ter ge­wor­den. Sei­ne Freun­din Sa­rah hat Töch­ter­chen Frie­da zur Welt ge­bracht. Im In­ter­view spricht der Leh­rer für Deutsch und Sport am Kon­rad-Du­den-Gym­na­si­um über sei­ne Plä­ne und Zie­le bei der HSG We­sel.

Vor knapp zwei Jah­ren ha­ben Sie mit dem MTV Dins­la­ken an der Tü­re zur Drit­ten Li­ga an­ge­klopft. Da­nach folg­ten we­gen der Co­ro­na-Pan­de­mie zwei Re­gio­nal­li­ga-Spiel­zei­ten oh­ne Wer­tung. War­um jetzt der Wech­sel, schlie­ß­lich be­steht doch die Hoff­nung auf ei­ne nor­ma­le Spiel­zeit?

FA­BI­AN GOR­RIS | Ich ha­be mir vor­ge­nom­men, stär­ker für die Fa­mi­lie da zu sein. Schon in der ver­gan­ge­nen Sai­son woll­te ich kür­zer­tre­ten, hat­te mich auch we­gen der Schwan­ger­schaft mei­ner Freun­din mit Heinz Bu­te­weg (Hand­ball-Ab­tei­lungs­lei­ter beim MTV, Anm. d. Red.) auf zwei statt vier Trai­nings­ein­hei­ten ge­ei­nigt. Vier­mal Trai­ning pro Wo­che und da­mit auch der Leis­tungs­hand­ball, das war mir ein­fach zu viel Auf­wand. Aber nur die Hälf­te des Trai­nings, dies funk­tio­niert ein­fach nicht. Man merkt das so­fort.

Als Sie nach der Sai­son 2017/18 von der HSG We­sel zum Re­gio­nal­li­ga-Auf­stei­ger MTV Rhein­waht Dins­la­ken ge­gan­gen sind, woll­ten Sie sich noch ein­mal ei­ne Spiel­klas­se hö­her be­wei­sen. War das aus heu­ti­ger Sicht der rich­ti­ge Schritt?

GOR­RIS | Auf je­den Fall, es war de­fi­ni­tiv ge­nau die rich­ti­ge Ent­schei­dung. Dass es so er­folg­reich wer­den wür­de, hät­te ich mir nicht träu­men las­sen. Wir sind ja als Re­gio­nal­li­ga-Auf­stei­ger in die Spiel­zeit ge­star­tet, woll­ten gar nicht noch mal auf­stei­gen. Und dann hät­te es doch fast ge­klappt. Das war in der Sai­son 2018/19 wie im Rausch. Al­ler­dings stand Hand­ball in den Jah­ren schon ex­trem im Fo­kus und war sehr auf­wen­dig.

Die HSG We­sel war zu dem Zeit­punkt aus der Ober­li­ga in die Ver­bands­li­ga ab­ge­stie­gen und be­saß dort eben­falls Pro­ble­me. Ha­ben Sie das mit­be­kom­men?

GOR­RIS | Ich ha­be im­mer in We­sel ge­lebt, bis auf mein Stu­di­um in Müns­ter. Da­durch ha­be ich na­tür­lich auch in mei­ner MTV-Zeit die HSG We­sel ein biss­chen ver­folgt und schon mit­ge­lit­ten.

Und jetzt durch Co­ro­na gibt es ei­nen Ab­schied ganz im Stil­len vom MTV Rhein­wacht Dins­la­ken?

GOR­RIS | Wir pla­nen da schon noch et­was, wenn es hof­fent­lich bald wie­der mög­lich ist: ein Ab­schieds­gril­len mit ein biss­chen Fuß­ball.

In der Spiel­zeit 2021/22 er­le­ben Sie die Ge­schi­cke der HSG We­sel wie­der haut­nah mit. Wie kam es zur Rück­kehr?

GOR­RIS | Ich bin mit Fyn Wal­la be­freun­det, wir ste­hen al­so im en­gen Kon­takt. Wir ha­ben dann mehr oder we­ni­ger ge­mein­sam be­schlos­sen, dass er wie­der an­greift und ich zur HSG We­sel zu­rück­keh­re.

Für Sie ist das aber doch eher ein Rück­schritt?

GOR­RIS | Wenn man mal ganz ehr­lich ist, sind es zwei Schrit­te zu­rück. Die HSG We­sel ist ein biss­chen wie Kar­rie­re aus­klin­gen las­sen, das ist schon so. Aber das hei­ßt ja nicht, dass man nicht trotz­dem Am­bi­tio­nen hat.

Und wie se­hen die­se Am­bi­tio­nen aus?

GOR­RIS | Ich fin­de, dass man vor der Sai­son grund­sätz­lich den Ball flach hal­ten soll­te. Denn kei­ner weiß, wie die Leu­te aus der Co­ro­na-Pau­se zu­rück­kom­men wer­den. Ein­fach mal gu­cken, was mög­lich ist. Auf je­den Fall freue ich mich sehr auf die Jungs und dar­auf, wie­der Hand­ball zu spie­len. Ich den­ke, dass die HSG We­sel schon ei­ne gu­te Trup­pe zu­sam­men hat. Und für mei­ne Hei­mat­stadt zu spie­len, ist et­was ganz Be­son­de­res.

Wie hat sich denn die Zwangs­pau­se durch das Co­ro­na­vi­rus bei Ih­nen aus­ge­wirkt?

GOR­RIS | Ich ha­be mich mit Lau­fen und ein we­nig Kraft­trai­ning fit ge­hal­ten. So lang­sam ver­mis­se ich aber das hand­ball­spe­zi­fi­sche Trai­ning. Im­mer wenn ich Hand­ball im Fern­se­hen se­he, dann juckt es in den Fin­gern.

Was er­war­ten Sie denn über­haupt von der kom­men­den Sai­son, auch in Be­zug auf das Co­ro­na­vi­rus?

GOR­RIS | Ich rech­ne da­mit, dass im Sep­tem­ber mit der Spiel­zeit be­gon­nen wer­den kann und dass es ei­ne ei­ni­ger­ma­ßen nor­ma­le Spiel­zeit wird. Al­ler­dings wer nicht ge­impft ist, der soll­te auch nicht un­be­dingt Kon­takt­sport be­trei­ben.

Als Leh­rer ha­ben Sie die Fol­gen der Co­ro­na­vi­rus-Pan­de­mie auf Schü­ler haut­nah mit­be­kom­men.

GOR­RIS | Durch den Di­stanz­un­ter­richt geht in Sa­chen Bil­dungs­an­spruch un­heim­lich viel ver­lo­ren. Der Sport­un­ter­richt an sich hat nicht statt­ge­fun­den. Da hat­ten wir die glei­che App, die wir auch für das Home­trai­ning beim MTV be­nutzt ha­ben. Ei­ne Be­no­tung ist da aber na­tür­lich kaum mög­lich. Als Leh­rer ha­be ich die Si­tua­ti­on als nicht so stres­sig emp­fun­den, aber für die Schü­ler war es schon sehr pro­ble­ma­tisch.

Und wie sieht es beim Sport-Leis­tungs­kurs aus?

GOR­RIS | Das ist ein gro­ßes Pro­blem, da die Pra­xis prak­tisch auf der Stre­cke bleibt. Durch den Wech­sel­un­ter­richt, al­so die Ta­ge in der Schu­le, und die Klau­su­ren kön­nen dann aber doch No­ten er­stellt wer­den.

Ralf Poll­mann führ­te das
Ge­spräch