Das Unternehmen Aufstieg ist in Gefahr
RP, 11.02.2014
Wesel. Handball-Landesliga: Spitzenreiter HSG Wesel steckt ausgerechnet in den Wochen der Wahrheit im Titelrennen in der Krise. Jetzt kommt Verfolger Bocholt, der nur einen Punkt zurückliegt. Esser trainiert die HSG auch in der neuen Saison.Von Joachim Schwenk
Sven Esser versucht erst gar nicht, die Situation zu beschönigen. „Wir dürfen uns nichts vormachen. So werden wir unser Ziel nicht erreichen“, sagt der Trainer der HSG Wesel. Der Spitzenreiter der Handball-Landesliga hat sich zur Unzeit eine Krise genommen. Ausgerechnet in den Wochen der Wahrheit mit vier Spielen gegen die Teams, die im Tableau direkt hinter der HSG stehen, ist der Titelanwärter schwer angeschlagen. Der vorläufige Tiefpunkt wurde am Samstag erreicht.
Da ging der Ligaprimus bei der 26:35-Niederlage beim VfL Rheinhausen sang- und klanglos unter. Spätestens seit diesem leblosen Auftritt mit eklatanten Defiziten in der Abwehr und im Angriff ist das Unternehmen Aufstieg in akuter Gefahr. „So, wie wir am Samstag gespielt haben, stehen wir zu Unrecht an der Tabellenspitze“, sagt Esser. Sein Team schwächelt freilich schon seit Wochen. Nach Siegen in den ersten zehn Partien der Saison reichte es in den fünf Spielen des Jahres 2014 nur zu Erfolgen gegen die Abstiegskandidaten TuS Alstaden und SV Schermbeck. Selbst in diesen Begegnungen blieb die HSG hinter ihren Möglichkeiten zurück. „Wir müssen den Hebel schnell wieder umlegen, wenn wir aufsteigen wollen“, sagt Esser.
Die Konkurrenz wittert derweil Morgenluft, nachdem das Titelrennen anfangs ein Langeweiler zu werden drohte. „Jetzt werden einige Gegner den Respekt vor uns verloren haben, den sie noch hatten, als es bei uns in der Hinrunde so gut lief“, sagt Michael Hillig, Geschäftsführer der HSG. Verfolger TSV Bocholt ist bis auf einen Zähler an den Tabellenführer herangerückt, den er am Sonntag schon von Platz eins verdrängen kann. Der TSV tritt um 17 Uhr zum Gipfeltreffen beim Ligaprimus an.
Der Gastgeber ist stark verunsichert. „Die Niederlage in Rheinhausen hat wehgetan. Daran werden wir Tage zu knabbern haben“, sagt Esser. Zumal er auch mit einigem Abstand zum ernüchternden Auftritt keine Erklärung dafür gefunden hat, warum sein Team so aus der Spur geraten ist. Er glaubt nicht, dass sein Personal sich schon zu sicher gefühlt hat, nachdem es in den ersten zehn Partien so beängstigend gut gelaufen war. „Uns war klar, dass die Saison kein Selbstläufer wird“, sagt Esser. Die Gewissheit hat die HSG jetzt. Und wenn sich das Team nicht schnell steigert, wird es schon am Sonntagabend nicht mehr in der Rolle des Gejagten sein. Sondern in der des Jägers.
Der Trainer weiß, dass seine Mannschaft sich im Spitzenspiel keine weitere Niederlage erlauben darf. Die würde weit mehr als den Verlust der Tabellenführung bedeuten. Sie würde die Verunsicherung bei der HSG wachsen lassen und das Selbstvertrauen des Konkurrenten im gleichen Umfang stärken. Der reist ohnehin schon mit ziemlich breiter Brust an. Während sich der Spitzenreiter in Rheinhausen blamierte, tat der TSV Bocholt am Samstag eine Menge fürs Selbstvertrauen. Er gewann das Duell der Verfolger gegen den bisherigen Tabellenzweiten TV Issum mit 29:22.
Bei der HSG Wesel besteht in einem Punkt übrigens Klarheit für die neue Saison. Sven Esser bleibt Trainer. Er hofft, dass die meisten Spieler weiter für die HSG auflaufen. „Ich habe bei einigen Akteuren schon vorgefühlt. Es sieht gut aus.“
Quelle
Rheinische Post, 11.02.2014
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/wesel/sport/das-unternehmen-aufstieg-ist-in-gefahr-aid-1.4026394